Methoden im Sportunterricht

 

Methoden im Sportunterricht zu unterscheiden, scheint zunächst als Unterfangen, das durchaus mit dem Versuch Sisyphos’ einen Felsblock einen steilen Hang hinauf zu rollen, zu vergleichen ist. Zu viele Begriffe gehen hier mit zu vielen Erscheinungsweisen von Unterricht einher. Trotzdem scheint es uns wichtig, diesen Aspekt in ein Ordnungsschema von Fallgeschichten zu integrieren. In Anlehnung an Scherler (2008) unterscheiden wir im Fallarchiv Methoden in Bezug auf folgende drei Aspekte: Inhalte präsentieren, Bedingungen organisieren und mit Schüler*innen interagieren.

I Inhalte präsentieren

In Anlehnung an Grunder (2010) sprechen wir von „Grundformen des Unterrichtens“ und meinen damit explizit methodische Unterrichtsformen auf der mikro- und mesodidaktischen Ebene (vgl. Meyer, 2010), wie z.B. Vorzeigen-Nachmachen, Handelndes Lernen oder Erklären. Mit dem Üben und Trainieren sowie Spielen und Wettkämpfen haben wir zudem zentrale Schüler*innenhandlungen ergänzt, die von der Lehrperson passend inszeniert und begleitet werden müssen. Diese Formen können miteinander kombiniert werden oder erstrecken sich zeitlich eventuell nur über wenige Minuten (siehe Messmer, 2013).

Erklären

Bewegungsabläufe, eine Taktik, eine Aufgabe oder Instruktion werden durch Erklären der Lehrperson vermittelt (siehe Messmer, 2013).

Vorzeigen-Nachmachen; Darbieten und Demonstrieren

Dem Vorzeigen folgt das Nachmachen, ansonsten spricht man eher von Darbieten und Demonstrieren. Beim Darbieten und Demonstrieren steht im Unterschied zum Vorzeigen die hohe Bewegungsqualität im Vordergrund. Dabei ist die darbietende Person im Fokus, die anderen hören oder schauen zu (siehe Messmer, 2013).

Lehrgespräch und Coaching; Diskussion

Beim Lehrgespräch, auch als gelenktes Unterrichtsgespräch, fragend-entwickelnder Unterricht oder sokratische Methode bezeichnet, kennt die Lehrperson die Struktur des Unterrichtsgegenstands und lenkt das Gespräch in die entsprechende Richtung, wobei die Schüler*innen etwas beizutragen oder zu fragen haben. Das Lehrgespräch kann auch im Coachinggespräch angewandt werden (siehe Messmer, 2013).
Im Gegensatz zum Lehrgespräch ist der Verlauf der Diskussion offener und Lehrperson und Schüler*innen diskutieren auf Augenhöhe, wobei ihr Vorwissen eine zentrale Rolle spielt und ihr Vorschläge umgesetzt werden (siehe Messmer, 2013).

Üben und Trainieren

Im Sport werden die Begriffe Üben und Trainieren oft synonym verwendet. Training bezieht sich aber eher auf die Verbesserung der Konditionsfaktoren und deshalb steht hier das stereotype Repetieren im Zentrum. Im Gegensatz dazu zeichnet sich Üben durch Variation und Kreativität aus, die das Lernen von Technik, Taktik und Gestaltung fördert. Folgt man hier Bollnow (1978), dann müssen Übungen einen adaptiven Schwierigkeitsgrad aufweisen, damit sich das Können verbessern lässt. Im Gegensatz dazu, muss z.B. beim Bankdrücken lediglich das Gewicht erhöht werden. Trotz dieser Unterschiede haben wir beide Methoden in einer Kategorie zusammengefasst, weil auch umgangssprachlich meist keine Differenz gemacht wird (z.B. «Sprachtraining»). Die Differenz lässt sich aber in der Dichte von Fallbeschreibungen finden und auch kritisch reflektieren (z.B. Ausdauerschwimmen mit Noten #48), was letztlich der expliziten Absicht dieses Fallarchiv folgt.

Handelndes Lernen / Kognitive Aktivierung

Handelndes Lernen ergibt sich aus der Verbindung von Bewegen und Handeln mit Denken. Die Schüler*innen sollen nicht nur zu einer Bewegung animiert werden, sondern auch kognitiv aktiviert werden, z.B. durch reflexive Prozesse nach dem Handeln (siehe Messmer, 2013).

Spielen und Wettkämpfen

Durch Spielen eines Spiels soll versucht werden, ein Problem zu lösen (vergleichbar mit dem entdeckenden Lernen). Es werden zwei Formen von Spielen unterschieden: das freie Spielen (play) und das Spielen mit Regeln, welche von allen anerkannt werden und nach welchen gespielt wird (game). Bei Letzterem bedarf es unter Umständen Personen, welche die Spiele regeln (Schiedsrichter). Aus Spielen wird schnell ein Wettkämpfen, indem sich verglichen und gemessen wird (siehe Messmer, 2013). Aber natürlich gibt es auch Wettkämpfe jenseits des Spielens, da Wettkämpfen eine zentrale Handlungsform des Sports darstellt.

II Bedingungen organisieren

Diese methodische Unterscheidung scheint insbesondere für den Sportunterricht von Bedeutung. Unterricht in der Sporthalle oder im Freien bedarf grundsätzlich anderer Organisationsformen als Unterricht im Klassenzimmer. Sozialformen sind methodisch betrachtet meist mit den Organisationsformen verbunden und gleichzeitig oft ein konstitutives Moment von Sport.

Gruppen bilden – Sozialformen

Sozialformen beziehen sich auf die Organisation der Schüler*innen, z.B. Einzelarbeit, Partnerarbeit, Gruppenarbeit und Klassen- oder Frontalunterricht (siehe Messmer, 2013).

Material und Raum organisieren – Organisationsformen

Organisationsformen beziehen sich auf die Organisation von Material und Raum, z.B. Kreis, Bühne, Schwarm (Schar), Stafette, Linien, Kolonne oder Riege, Postenarbeit und Stationen- oder Circuittraining (siehe Messmer, 2013).

III Mit Schüler*innen interagieren

Differenzieren und Individualisieren
Differenzieren als Massnahme der Lehrperson soll ein Individualisieren des Unterrichts bewirken, um den unterschiedlichen Bedürfnissen und Lernvoraussetzungen der Schüler*innen gerecht zu werden. Dabei können Leistungsdifferenzierung (nach individuellen Leistungsfähigkeiten der Schüler*innen) und Neigungsdifferenzierung (nach individuellen Interessen der Schüler*innen) unterschieden werden. Es können z.B. Ziele, Inhalte und Lehr-/Lernmethoden differenziert werden (siehe Messmer, n.D.).

Beobachten – Korrigieren und Feedback geben – Beurteilung

Beim Beobachten können die sportiven Handlungen der Schüler*innen sowohl als Ganzes oder auch kriteriengeleitet wahrgenommen werden. Für das Korrigieren und Feedback geben bedarf es hingegen genaue Kriterien. Um Schüler*innen in ihrem Lernprozess zu fördern oder ihre Leistung zu beurteilen, sind Rückmeldungen notwendig. Diese können als Korrekturen oder förderorientierte Feedbacks erfolgen, was auch als formative Beurteilung bezeichnet wird (siehe Reimann, 2013). Rückmeldungen können in Form von mündlichen Feedbacks, schriftlichen Rückmeldungen oder Beurteilungen in Form von Noten erfolgen. Letztere erfolgen meist als summatives Feedback über einen längeren Zeitraum. Neben Rückmeldungen durch die Lehrperson, sind auch Feedbacks durch Mitschüler*innen oder eine Selbsteinschätzung der Schüler*innen möglich.

Helfen und Sichern

Gerade bei schwierigen Bewegungen oder solchen, bei denen eine gewisse Verletzungsgefahr besteht, kann der Lernprozess durch gezieltes Helfen und Sichern bei der Ausführung von Bewegungen unterstützt werden. Während beim Helfen die helfende Person direkt eingreift (aktive Bewegungshilfe), greift sie beim Sichern nur bei Gefahr ein und beschränkt sich auf das Begleiten der Bewegung (siehe Brea Steffen, 2013).

Literatur

Brea Steffen, N. (2013). Helfen und Sichern im Geräteturnen. In R. Messmer (Hrsg.), Fachdidaktik Sport (S. 207-232). Haupt.
Grunder, H.-U. (Hrsg.). (2014). Unterricht verstehen - planen - gestalten - auswerten (4., unveränderte Aufl.). Schroedel.
Meyer, H. (2010). Was ist guter Unterricht (7. Aufl.). Cornelsen Scriptor.
Messmer, R. (2013). Methodik im Sportunterricht. In R. Messmer (Hrsg.), Fachdidaktik Sport (S. 72-168). Haupt.
Messmer, R. (n.d.). Leistungs- und Neigungsdifferenzierung. sportdidaktik.ch. https://sportdidaktik.ch/asset...
Reimann, E. (2013). SchülerInnen fördern und beurteilen. In R. Messmer (Hrsg.), Fachdidaktik Sport (S. 196-206). Haupt.
Scherler, K. (2008). Sportunterricht auswerten. Eine Unterrichtslehre (2., überarbeitete Aufl.). Czwalina Verlag.