Fall Nr. 121

 

"Selber schuld!"

Schlüsselsatz: „Das seid ihr doch selber schuld, ihr habt doch gewählt."
Stufe: Sekundarstufe I
Bewegungsfeld: Spielen
Disziplin/Sportart: Fußball
Inhalte präsentieren: Spielen und Wettkämpfen
Bedingungen organisieren: Gruppen bilden – Sozialformen
Textsorte: Didaktischer Text

Fallbeschreibung:

Zum Abschluss der Stunde sollen die Kinder der 6. Klasse Mannschaften bilden, um Fußball zu spielen.
Der Lehrer nennt die Namen von drei Jungen, die nun selbstständig Mannschaften wählen sollen. Zuerst ist Peter an der Reihe, der seinen besten Freund Kevin nimmt, mit dem er auch in seiner Freizeit im Fußballverein spielt. Freddy, der die zweite Mannschaft zusammenstellen soll, nimmt ebenfalls seinen besten Kumpel Mike. Die beiden Freunde sind zusammen im Judoverein und freuen sich sehr darüber, dass sie zusammen spielen können. In Mannschaft drei wählt Eddy seinen Freund Benjamin.
Am Ende des Wahlvorgangs sitzen nur noch drei Mädchen auf der Bank, die keiner der drei Mannschaftsführer in seinem Team haben möchte. Nach einigem hin und her sind auch die drei Mädchen untergebracht.
Nachdem die Teams gebildet sind, beginnen die Schüler zu spielen. Team 1 spielt zuerst gegen Team 2 und gewinnt 5:0. Auch Team 3 verliert gegen Team 1 (0:4).
Als der Lehrer mit der Rückrunde beginnen möchte, maulen Team 2 und 3: „Das ist doch total unfair.“
Lehrer: „Das seid ihr doch selber schuld, ihr habt doch gewählt. Dann wisst ihr ja nun fürs nächste Mal Bescheid.“
Danach pfeift er das Spiel wieder an.
Als die Kinder am Ende in die Umkleide gehen, sagt Peter zu seinem Freund Kevin: „Mann, sind das alles Flaschen. Die können ja nix.“


Fallinterpretation:
In der zweiten Hälfte einer Doppelstunde Sport soll Fußball gespielt werden. Dazu ist es notwendig, die SchülerInnen in drei Mannschaften einzuteilen. Der Lehrer greift hierzu ein allgemein übliches, wenn auch umstrittenes Verfahren auf: das Wählen. Der Vorteil des Wählens besteht u.a. darin, dass die SchülerInnen die Mannschaftseinteilung relativ schnell und eigenständig vornehmen können. Es ist zudem mit der Hoffnung verbunden, dass die resultierenden Mannschaften in etwa gleich stark sind. Ein in den letzten Jahren intensiv diskutierter Nachteil des Wählens wird auch im vorliegenden Fall offensichtlich: Die leistungsschwächeren SchülerInnen – in diesem Fall ausschließlich Mädchen – bleiben als letzte übrig, eine in aller Regel als demütigend und frustrierend erlebte Situation. Hier wird dies noch dadurch verstärkt, dass die drei Mädchen nicht nur als letzte auf der Bank sitzen, sie werden darüber hinaus explizit von den wählenden Jungen abgelehnt: Keiner von diesen möchte auch nur eines der Mädchen in seiner Mannschaft haben.
Ob dies für den Lehrer ein Problem darstellt, ist nicht endgültig zu entschei-den. Von einer Intervention, die einen derartigen Rückschluss zuließe, ist in der Darstellung allerdings nichts zu lesen. Der Lehrer greift nicht in das Ge-schehen ein, um die Situation der Mädchen zu verbessern. Auch die Schülerinnen selbst beschweren sich nicht, was allerdings kaum verwundern kann.
Die Notwendigkeit zu handeln tritt für den Lehrer erst auf, als die „Hinrunde“ beendet ist und sich einige Kinder beschweren. Mit den Worten von Mike: „Das ist doch total unfair!“ Betrachtet man Mikes Äußerung genauer, dann rekurriert er mit „Unfairness“ auf den traditionellen moralischen Code des Sports. In diesem rein sportbezogenen Sinne ist allerdings in der Darstellung nichts von Unfairness zu entdecken, denn es finden sich keinerlei Hinweise auf Regelverstöße. Offensichtlich meint Mike also etwas anderes, als dass er z.B. gefoult worden ist. Dem Lehrer scheint dies auch sofort klar zu sein, denn er fragt nicht nach, was denn unfair sei. Das von den SchülerInnen angesprochene Problem wird also auch vom Lehrer gesehen, er scheint Mikes Problemdeutung ohne Mühe nachvollziehen zu können, denn sonst müsste er entweder nachfragen oder widersprechen, aber nicht mit einer Schuldzuweisung reagieren: „Das seid ihr doch selber schuld, ihr habt doch gewählt.“
Was aber ist mit „das“ gemeint? Der Nachsatz deutet an, worum es geht: offenbar um die Mannschaftswahl. Da diese ebenfalls ohne explizite Regel-verstöße verlaufen zu sein scheint und zudem die Ergebnisse der Hinrunde bekannt sind, lässt sich erschließen, was sowohl Mike als auch der Lehrer meinen: Nicht der Wahlvorgang, sondern das „Produkt“ in Form eines über-mächtigen Teams 1 werden als unfair bezeichnet. Ist „unfair“ hierfür aber der passende Begriff? Innerhalb von sportlichen Wettkämpfen würde man nicht von Unfairness sprechen, wenn eine Mannschaft deutlich stärker als die anderen ist oder gar als „unschlagbar“ erscheint. Unfairness bezieht sich auf Verstöße gegen Regeln, die ausformuliert, aber auch in ungeschriebener Form existieren. Aber offensichtlich kann der Lehrer nachvollziehen, dass Mike es unfair findet, wenn eine Mannschaft so viel besser als die anderen spielt. Es scheint so, dass für den unterrichtlichen Kontext noch andere Regeln gelten, als die des Sportsystems und eine dieser Regeln besagt offenbar, dass Mannschaften im Sportunterricht eine vergleichbare Leistungsstärke aufweisen sollten. Dementsprechend versteht der Lehrer unmittelbar, was Mike mit seiner Äußerung meint.
Mikes Einwand ist aber noch in einer weiteren Hinsicht interessant. Wie bereits dargestellt bewegt er sich mit dem Begriff der Unfairness auf einer moralischen Ebene. Auf genau dieser Ebene wird ihm auch vom Lehrer geantwortet, indem dieser auf das Phänomen „Schuld“ rekurriert. Dies eröffnet in mindestens zweierlei Hinsicht Anschlüsse. Zum einen stellt sich die Frage, ob der Lehrer die Schuldzuweisung auch vorgenommen hätte, wenn Mike nicht auf der moralischen, sondern z.B. auf der emotionalen Ebene argumentiert hätte. Wäre es ebenfalls zu einer Schuldzuweisung gekommen, wenn Mike gesagt hätte: „Das ist doch total frustrierend“, oder: „Das macht so überhaupt keinen Spaß“? Diese Emotionen schwingen natürlich auch in der Äußerung, „Das ist doch total unfair“, mit. Ob sie vom Lehrer entsprechend entschlüsselt werden, muss allerdings offen bleiben.
Zum anderen stellt sich angesichts der Tatsache, dass der Lehrer explizit auf die Schuld der SchülerInnen verweist, die Frage, ob er sich durch Mike angegriffen fühlt. Auch hier ist denkbar, dass gerade Mikes Äußerung auf der moralischen Ebene diesen Eindruck beim Lehrer provoziert haben könnte.
Interessant ist aber vor allem die spezifische Form der stellvertretenden Problembearbeitung durch den Lehrer. Obwohl die SchülerInnen ihn auf ein Problem hinweisen und er dies offenbar nachvollziehen kann, unternimmt er nichts, sondern verweist darauf, dass die SchülerInnen ja selbst schuld seien. Die stellvertretende Problembearbeitung besteht also darin, nicht zu intervenieren, statt dessen am geplanten Ablauf des Turniers festzuhalten.
Hinsichtlich der „Schuldfrage“ lässt sich zunächst festhalten, dass die Behauptung des Lehrers so nicht stimmt, denn er ist nicht gänzlich unbeteiligt an der Mannschaftszusammenstellung: Zum ersten bestimmt er selbst die drei wählenden Jungen, zum zweiten lässt er zumindest zu, dass Peter mit dem Wählen beginnt, dieser dadurch seinen Freund Kevin wählen kann, so dass die beiden Vereinsfußballer in einem Team sind. Diese Konstellation ist für den Ausgang der Spiele wahrscheinlich nicht unerheblich.
Nachvollziehbar erscheint die Argumentation des Lehrers allerdings vor dem Hintergrund, dass nicht nur Peter und Kevin darüber froh sind, in einer Mannschaft spielen zu können, sondern anfangs auch Tobias, Mike, Eddy und Benjamin. Zumindest diese sechs Jungen finden es also zunächst gar nicht unfair oder frustrierend, dass die Wahl in der beschriebenen Form abläuft. Die Frustration kommt offenbar erst im Laufe der Spiele auf. Dies könnte damit zusammenhängen, dass die Schüler während des Wählens noch nicht überblicken bzw. überblicken können, was dies für das nachfolgende Turnier bedeutet. Dementsprechend wählen sie primär nach dem Kriterium der Sympathie und nicht der Leistungsstärke.
Aber selbst wenn es so wäre, dass der Lehrer am Zustandekommen der un-gleichen Mannschaften keine „Mitschuld“ trägt, ist seine Reaktion zu hinter-fragen. Wenn man im Anschluss an Oevermanns Entwurf LehrerInnen als stellvertretende ProblembearbeiterInnen versteht, dann erscheint es zweifel-haft, dass auf die stellvertretende Problemdeutung das Festhalten am einmal eingeschlagenen Weg erfolgt, selbst wenn die SchülerInnen sich die Schwierigkeiten selbst „eingebrockt“ haben . Der Lehrer scheint jedoch der Auffassung zu sein, dass die Frustration der SpielerInnen aus Team 2 und 3 eine gerechte Strafe dafür darstellt, dass sie nicht in der Lage waren, gleich starke Mannschaften zu bilden, eine Strafe, die es noch für den Rest der Stunde zu verlängern gilt. Auch wenn sie bereits jetzt „Bescheid wissen“, also etwas gelernt haben, umgesetzt wird dies erst beim nächsten Mal. Die heutige Stunde dient der Fortsetzung der Frustration.
Auffällig ist auch, dass der Lehrer durchaus eine Idee davon zu haben scheint, was die Kinder aus der problematischen Situation lernen könnten bzw. gelernt haben. Denn sie „wissen ja nun fürs nächste Mal Bescheid“. Worüber aber wissen sie Bescheid? Dass es ungünstig ist, wenn Peter als Vereinsfußballer zuerst wählen darf? Aber wäre das Ergebnis anders ausgefallen, wenn Tobias oder Eddy begonnen hätten, die ja froh sind, dass sie ihre Freunde Mike und Benjamin wählen können? Oder haben die SchülerInnen gelernt, dass man gerade nicht nach Sympathie, sondern nach Leistungsstärke wählen sollte? In diesem Fall hat Peter den Vorteil, dass er beides miteinander verbinden kann: Kevin ist nicht nur sein Freund, sondern gleichzeitig ein guter Fußballer. Vielleicht müsste man aber auch noch früher ansetzen und fragen, ob die Kinder nun „Bescheid wissen“, dass die Bestimmung von Peter, Tobias und Eddy als Wählende ungünstig war, weil sie unterschiedlich gute Fußballer sind? Oder sollen die SchülerInnen gelernt haben, dass Wählen prinzipiell kein geeignetes Verfahren ist, um zu gleichstarken Mannschaften zu gelangen, geschweige denn, um zu verhindern, dass die schwächeren SchülerInnen im und für den Sportunterricht gedemütigt und demotiviert werden? Abgesehen davon, dass völlig unklar bleibt, was der Lehrer meint, zeigt sich an diesen Überlegungen erneut, dass er keinesfalls unbeteiligt am Zustandekommen der ungleichen Mannschaften ist.
Bleibt abschließend die Frage, welche Handlungsalternativen durch die lei-tende Konzeption der stellvertretenden Problembearbeitung eröffnet werden. Folgt man der oben vorgenommenen Deutung, dann kann der Lehrer durchaus nachvollziehen, dass die übermächtige Mannschaft 1 ein Problem für die (anderen) SchülerInnen darstellt. Hier stellt sich zunächst die Frage, ob diese Deutung ausreichend ist oder – Oevermann folgend – tiefer gehende Deutungsbemühungen hinsichtlich der Ursachen folgen müssten. Stellt es reine Symptomkuriererei dar, lediglich am „Produkt“ der ungleichen Mannschaften anzusetzen und hier verändernd einzugreifen?
Für ein Ansetzen auf der „Symptomebene“ sprechen m.E. die folgenden Gründe: Zum einen haben die vorangehenden Überlegungen gezeigt, dass einerseits die geschilderte Wahlsituation in vielerlei Hinsicht problematisch ist, dies andererseits dem Lehrer aber wenig bewusst zu sein scheint. Tiefer gehende Problemdeutungen wären dementsprechend durchaus notwendig, allerdings primär, um zukünftig entsprechende Situationen vermeiden zu können und nicht unbedingt, um jetzt eine befriedigende Fortsetzung des Unterrichts zu gewährleisten. Für die unmittelbar stattfindende stellvertretende Problembearbeitung wäre die eher oberflächliche Problemdeutung m.E. ausreichend.
Dabei wären drei Aspekte zu berücksichtigen: Primär geht es darum, auf einen Ausgleich zwischen den Mannschaften hinzuarbeiten, also eine Modifikation der bestehenden Mannschaften oder gar eine ganz neue Zusammenstellung vorzunehmen. Dies müsste zweitens in einem zeitlichen Rahmen ablaufen, der noch Raum für die Fortsetzung des Fußballspielens eröffnet. Und drittens geht die Konzeption der stellvertretenden Problembearbeitung davon aus, dass die Eigenkräfte der SchülerInnen mobilisiert werden und – zumindest mittelfristig – eine Stärkung ihrer Autonomie erfolgt. Damit ist eine komplexe Anforderung formuliert.
Das größte Maß an Selbstständigkeit wäre durch die eigenständige Modifikation bzw. Neuwahl der Teams durch die SchülerInnen gegeben. Dies hätte aber zwei entscheidende Nachteile: Zum einen wäre die Gefahr groß, dass der zeitliche Rahmen gesprengt wird, so dass die selbstständige Mannschaftsveränderung ins Leere läuft, weil anschließend keine Zeit mehr übrig ist, um mit diesen Mannschaften zu spielen. Zum anderen bringt die selbstständige Mannschaftszusammenstellung die bereits oben angesprochene Problematik mit sich, dass sehr explizit nicht nur die sportbezogenen Stärken einzelner SchülerInnen, sondern auch die Schwächen anderer zum Thema werden, was für diese in aller Regel frustrierend und demotivierend, oder – wie im vorliegenden Beispiel – geradezu demütigend ist. Für die Selbstständigkeit bei der Mannschaftsbildung zahlen hier also einzelne SchülerInnen einen hohen Preis hinsichtlich ihrer psychosozialen Integrität.
Diese Nachteile könnten vermieden werden, wenn der Lehrer die Verände-rung der Mannschaften vornimmt. Durch das Umgehen von Diskussionen mit bzw. unter den SchülerInnen würde Zeit gespart und durch die geschickte Auswahl derjenigen SchülerInnen, die in andere Mannschaften wechseln müssen, könnte ein erneutes Bloßstellen sportschwächerer Kinder verhindert werden. Allerdings fände kein eigenverantwortliches, selbstständiges Handeln der SchülerInnen statt und das Ziel der Autonomieentwicklung würde damit in den Hintergrund treten, allerdings nicht zwangsläufig völlig untergehen. Zur Wahrung der Stellvertreterfunktion wäre es demnach notwendig, dass der Lehrer den SchülerInnen sein Vorgehen erläutert. Dabei wären zwei Aspekte aufzugreifen: Zum einen müsste das Problem der ungleichen Mannschaften allen SchülerInnen transparent gemacht werden, zum anderen wäre die gewählte Problembearbeitungsstrategie zu begründen.
Erläuterungen zum Problem der ungleichen Mannschaften erscheinen des-halb notwendig, weil es die SchülerInnen unterschiedlich betrifft, d.h. die Kinder aus Team 1 empfinden die ungleichen Mannschaften möglicherweise gar nicht als problematisch. Es ist durchaus denkbar, dass sie es genießen, haushoch überlegen zu sein und zu gewinnen. Zumindest beschweren sich ausschließlich SchülerInnen aus den unterlegenen Teams beim Lehrer. Zwar ist zu vermuten, dass die Überlegenheit von Mannschaft 1 auf Dauer auch für diese den Spaß am Spielen schmälert, weil das entscheidende Moment der Spannung verloren geht. Ob dies auch kurzfristig der Fall ist, muss hier offen bleiben. Die abschließende Äußerung von Peter zeugt allerdings nicht von Zufriedenheit und Freude über die gewonnenen Spiele oder seine Leis-tung, sondern eher von einer abwertenden und verächtlichen Haltung ge-genüber den Kindern der unterlegenen Mannschaften.
Wenn es dem Lehrer zudem gelingt, das vorgeschlagene Vorgehen mit den SchülerInnen abzustimmen und ihr Einverständnis dafür einzuholen, dann wäre die Stellvertreterfunktion insofern gewahrt, als die SchülerInnen dem Lehrer nicht lediglich gehorchen, sondern die Problembearbeitung an ihn delegieren. Auch das kann als ein Schritt zu Selbstständigkeit und Autono-mie verstanden werden. Dies hätte darüber hinaus den positiven Nebenef-fekt, dass eine relativ zügige Fortsetzung des Unterrichts erfolgen könnte, ohne Verzögerungen durch erneute Proteste der SchülerInnen.
In einem Kontext, der wie der schulische Unterricht durch Zeitdruck und große TeilnehmerInnenzahlen gekennzeichnet ist und sich damit deutlich von der 1:1-Situation im therapeutischen Arbeitsbündnis unterscheidet, gelten andere Rahmenbedingungen für die Einbeziehung der KlientInnen in die stellvertretende Problembearbeitung. Damit soll keinesfalls gesagt werden, dass weder die Nutzung der Eigenkräfte noch die Autonomieentwicklung der SchülerInnen ohne Belang sind. Im konkreten Fall gilt es aber abzuwägen, welche Grenzen durch den unterrichtlichen Kontext gesetzt sind und in welcher Relation Kosten und Nutzen zueinander stehen. Eine stellvertretende Problembearbeitung, die sich auf Schuldzuweisungen beschränkt, die – anstatt zu handeln – eine Verlängerung der als unbefriedigend erkannten Situation als gerechte Strafe ansieht, entspricht nach den hier angestellten Überlegungen kaum professionellem pädagogischen Handeln. Demgegenüber erfordert die unmittelbare Intervention nicht unbedingt vertiefte stellvertretende Problemdeutungen, sondern kann zumindest zunächst auf der Phäno-menebene – in diesem Fall dem „Produkt“ der ungleichen Mannschaften – ansetzen. Für die Planung zukünftigen Unterrichts und die Vermeidung vergleichbarer Probleme erscheint allerdings eine vertiefte Auseinandersetzung mit dem Verfahren der Mannschaftsbildung notwendig, in die sich auch der Lehrer als Teil oder (Mit)verursacher des Problems einbeziehen muss.
aus: Lüsebrink, I. (2006). Pädagogishe Professionalität und stellvertretende Problembearbeitung - ausgelegt durch Beispiele aus Schulsport und Sortstudium. Köln: Strauß.