Fall Nr. 83

 

Affengarten

Schlüsselsatz: Obwohl sie dabei kräftig mithilft, klappt das Wegräumen nicht.
Stufe: Primarstufe
Bewegungsfeld: Bewegen an Geräten
Disziplin/Sportart: Sportunterricht
Textsorte: Chronik

Fallbeschreibung:

(a) 16 Schüler und Schülerinnen, 2. Klasse, Primarschule. Die Schüler und Schülerinnen haben gemeinsam mit der Lehrerin bereits verschiedene Geräte aufgestellt (15.34 h). Dabei hatte die Lehrerin gewisse Geräte vorgeschrieben und andere konnten die Schüler und Schülerinnen selbständig im "Affengarten" aufstellen. Die Lehrerin besammelt alle im Mittelkreis.
Lehrerin: "Also, nun haben wir verschiedene Geräte aufgestellt. Wir wollen noch ein Reck aufstellen. Was könnte man aber sonst noch hinstellen?"
Schülerin: "Ein Böckli fehlt noch."
Lehrerin: "Ja, stell du ein Böckli dort hinten in die Lücke." Sie zeigt auf eine Lücke im Parcours. "Die anderen könnten die Löcher mit Matten füllen. Ihr kennt ja das Spiel, man sollte alle Geräte erreichen können, ohne den Boden berühren zu müssen.
Schülerin: "Kann ich noch ein Bänkli aufstellen?"
Lehrerin: "Ja, aber dreh es doch um, damit nicht alle gleich aufgestellt sind."
(b) Nachdem der Parcours fertig aufgestellt ist, versammelt die Lehrerin die Schüler und Schülerinnen in der Mitte der Halle (15.43 h). Sie weist auf eine gefährliche Stelle im "Affengarten" hin, bevor sie mit dem Aufwärmen beginnt (laufen, beim Pfiff auf ein Gerät sitzen). Anschliessend dürfen sich alle auf den Geräten bewegen, sollen aber wenn immer möglich auf ihnen "stolzieren" (ganz aufrecht gehen). Die Lehrerin hilft beim Barren, während die Turnenden bei den anderen Geräten alleine ihr Glück versuchen.
(c) Als weitere Aufgabe sollen sie zu zweit durch den Parcours laufen, klettern oder gehen. Ein Schüler oder eine Schülerin bestimmt den Weg und der/die andere folgt. Nach 3 Minuten wird gewechselt (15.53 h). Anschliessend versammelt die Lehrerin die Klasse wieder in der Mitte der Halle und erklärt die nächste Aufgabe:
Lehrerin: "Ihr könnt jetzt überall durch den Parcours gehen, wie ihr wollt. Denkt aber daran, dass ihr immer auf den Geräten und Matten bleibt, weil daneben Wasser ist. Bei mir könnt ihr eine Rolle auf dem Kasten machen, ich helfe euch dabei. Ihr kennt das, wir haben die Rolle in der letzten Stunde am Boden gemacht." (16.oo h)
(d) Die Lehrerin unterbricht das emsige Treiben mit einem Pfiff. Während die Kinder auf ihrem Gerät sitzen bleiben, macht sie weitere Einschränkungen: "Beim Böckli probiert ihr ein Aufsitzen und ein Strecksprung auf die Matte dahinter." Auch diese Aufgabe kennen sie von einer vorhergehenden Stunde.
Lehrerin: "Fabian zeig uns mal wie du das Bänkli hochgestiegen bist." Der Schüler zeigt bei der schräg gestellten Langbank (an der Sprossenwand) eine Form vor. "Gut Fabian, beim Bänkli machen jetzt alle das, was Fabian uns gezeigt hat."
Schülerin: "Und sonst können wir selber einen Weg erfinden?"
Lehrerin. "Ja, wieder selber einen Weg suchen." (16.o8 h)
(e) Die Lehrerin korrigiert und hilft den Turnenden an verschiedenen Geräten. Hauptsächlich ist sie aber am Kasten beschäftigt und hilft bei der Rolle vorwärts. Sie unterbricht wiederum und lässt zwei weitere Formen an zwei Geräten vorzeigen, die nun alle turnen sollen (16.11h). Sie verweist darauf, dass alle einmal die Rolle auf dem Kasten turnen müssen.
(f) Wieder versammelt sich die Klasse in der Mitte und die Lehrerin erklärt das weitere Vorgehen: "Wer will weiter turnen und wer will mit dem Spiel beginnen?" (16.14 h) Sie einigen sich darauf, dass noch 10 Minuten geturnt und anschliessend gespielt wird. Zwei neue Formen werden vorgegeben. Die Turnenden beschäftigen sich nach wie vor sehr intensiv an den verschiedenen Geräten.
(g) Die Lehrerin pfeift und lässt das Material wegräumen (16.22 h). Obwohl sie dabei kräftig mithilft, klappt das Wegräumen nicht. Die meisten turnen noch an den Geräten. Die Lehrerin verteilt darauf konkrete Aufträge an einzelne Schüler, worauf sich das Wegräumen mehr oder weniger in Gang setzt (16.26 h). Nach ca. 5 Minuten sind die Geräte im Geräteraum versorgt. Das folgende Spiel läuft ebenso intensiv, wie das Turnen. Die Schüler und Schülerinnen sind dabei voll bei der Sache.


Fallinterpretation:
Ohne Zweifel, die Schüler und Schülerinnen sind in dieser Stunde auf ihre Rechnung gekommen. Sie turnen intensiv an den verschiedensten "Geräten" und lernen dabei auch neue Elemente (c, d, f). Die Lehrerin setzt geschickt auch Elemente von Schülern ein (d), um die Variantenvielfalt der Turnenden zu erhöhen. Einzige Einschränkung: Alle Schüler und Schülerinnen müssen trotz der grossen Freiheit einmal eine Rolle vorwärts turnen (e). Den Turnenden wird sogar noch die Möglichkeit gegeben über den Zeitpunkt mitzubestimmen, wann zum Spiel gewechsel werden soll. Zusammenfassend könnte man sagen, eine Stunde mit grossen Entscheidungsmöglichkeiten für die Betroffenen.
Einzig das Wegräumen funktioniert nicht. Was könnte die Lehrerin anders machen, damit das Wegräumen der Geräte nicht über 9 Minuten dauert? Eine Möglichkeit zeigt sie gleich selbst, als sie den Schülern und Schülerinnen konkrete Arbeitsaufträge verteilt. Damit erreicht sie auch die gewünschte Intensität (g). Man könnte hier den Ratschlag geben, gleich mit dieser Methode zu beginnen, um Zeit zu sparen.
In der Tatsache, dass die Turnenden über 9 Minuten für das Wegräumen der Geräte benötigen, liegt nach meiner Ansicht noch ein weiteres Problem verborgen. Die meisten der Schüler und Schülerinnen turnen noch auf den Geräten, nachdem die Lehrerin bereits das Wegräumen angeordnet hat (g). Für sie ist also das Turnen noch zu spannend, als dass sie die Geräte bereits wegräumen wollen. Oder sie probieren gerade etwas aus, das noch nicht ganz geklappt hat. Egal warum die Schüler und Schülerinnen noch auf den Geräten herumturnen, für sie ist das Turnen noch nicht beendet, ihnen fehlt der Schluss. Wenn wir den ganzen Stundenablauf betrachten, so werden die Schüler und Schülerinnen zwar auf den "Affengarten" vorbereitet (b), es entwickelt sich aber kein Spannungsbogen. Hin und wieder kommen neue Aufgaben hinzu, aber es fehlt ein eigentlicher Höhepunkt.
Mit einem Höhepunkt am Schluss der Turnsequenz wäre es für die Turnenden vielleicht auch einsichtig gewesen, dass jetzt zum Spiel gewechselt wird. Es ist ja nicht so, dass sie nicht spielen wollen. Sie sind mit gleichem Elan beim Spiel engagiert, wie sie vorhin geturnt haben (g). Als mögliche Varianten für einen solchen Höhepunkt sehe ich z. B. ein Fangspiel an den Geräten (wer das Wasser berührt, wird zum Fänger) oder die Form, wie sie die Lehrerin am Anfang gewählt hat (c). Ein Schüler oder eine Schülerin bestimmt den Weg und der/die andere folgt ihm. Nach einer Runde wird gewechselt.